Kai Binkowsky ist Senior Software Entwickler bei EIKONA Logistics. Mit Leidenschaft hegt und pflegt er als technisch Verantwortlicher Softwareprojekte.
NIS-2: Was die neue EU-Richtlinie für Unternehmen bedeutet
Die NIS-2-Richtlinie steht kurz vor ihrer Einführung und wird einen bedeutenden Einfluss auf die Cybersicherheitslandschaft in Europa haben. Als Nachfolgerin der ursprünglichen NIS-Richtlinie aus dem Jahr 2016 erweitert NIS-2 den Anwendungsbereich und stellt strengere Anforderungen an Unternehmen, insbesondere an jene, die in kritischen Sektoren (KRITIS) tätig sind. Doch wofür steht die NIS-Abkürzung, was ist NIS und was bedeutet NIS genau? Neben der Klärung dieser Fragen werfen wir in diesem Artikel einen Blick auf die konkreten Anforderungen, die für die IT-Branche mit der neuen Richtlinie verbunden sind.
Was ist NIS-2? Eine Definition des Begriffs NIS.
Die NIS-Abkürzung steht für „Network and Information Security Directive 2“ („Netzwerk- und Sicherheitsrichtlinie 2“). Die erste NIS-Richtlinie wurde 2016 von der EU ins Leben gerufen, um die Cybersicherheitsmaßnahmen in kritischen Sektoren zu verbessern. Mit der Einführung von NIS-2 werden die Anforderungen verschärft und auf mehr Branchen und Unternehmen ausgeweitet. Im Wesentlichen handelt es sich um eine überarbeitete und erweiterte Richtlinie, die sicherstellen soll, dass alle relevanten Unternehmen innerhalb der EU (vor allem im KRITIS-Sektor) robuste Maßnahmen zur Abwehr von Cyberbedrohungen implementieren. Ein zentrales Ziel ist dabei, die Uneinheitlichkeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten in Bezug auf Cybersicherheitsanforderungen zu beseitigen.
Welche Unternehmen sind von der NIS-2-Richtlinie betroffen?
Zwei Kriterien entscheiden darüber, ob ein Unternehmen von der neuen Richtlinie betroffen ist. Zum einen kommt es auf die Unternehmensgröße an, zum anderen auf den Sektor, in dem das Unternehmen tätig ist. Hat das Unternehmen mindestens 50 Mitarbeitende und einen Jahresumsatz von mindestens 10 Millionen Euro, dann ist das erste Kriterium erfüllt.
Insgesamt wurden für die Bewertung des zweiten Kriteriums 18 Sektoren festgelegt, die größtenteils denen der KRITIS-Einstufung ähneln. Manchmal lässt sich die Frage nach dem Unternehmenssektor nicht so leicht beantworten. Das BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) bietet daher einen kurzen Fragebogen an, mit dem Sie in wenigen Schritten herausfinden, ob Ihr Unternehmen zu einem der betroffenen Sektoren zählt.
Jede Regel hat ihre Ausnahmen – so natürlich auch die NIS-2-Richtlinie. Es gibt daher Organisationen, die unabhängig von ihrer Größe NIS-2-Compliance erfüllen müssen, weil ein Cyberangriff dort besonders großen Schaden anrichten würde. Andere Organisationen sind hingegen trotz der erfüllten Kriterien vom Anwendungsbereich ausgeschlossen, beispielsweise Einrichtungen im Bereich öffentliche Sicherheit.
Was bedeutet NIS-2 in der Praxis?
Unternehmen aus kritischen Bereichen wie Energie, Transport, Wasser, Gesundheit oder Finanzen sind von der NIS-2-Richtlinie betroffen – aber auch IT-Dienste, wie DNS-Dienste, Telekommunikationsanbieter oder Internet-Exchange-Points. Auch Cloud-Anbieter, Rechenzentren oder weniger offensichtliche Branchen wie IT-Dienstleister oder E-Commerce-Plattformen müssen die neue Richtlinie erfüllen. All diese Unternehmen müssen strenge Sicherheitsvorkehrungen treffen, Vorfälle melden und regelmäßig Bewertungen ihrer Systeme durchführen. Die EU NIS-Richtlinie legt zudem klare Meldepflichten fest, um die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und den zuständigen nationalen Behörden zu stärken.
Die oben genannten 18 Sektoren, die betroffen sind, werden in „Essential Entities“ (elf Sektoren) und „Important Entities“ (sieben Sektoren bzw. mittlere Betreiber aller Sektoren) aufgeteilt. Das entscheidet wiederum über den Umfang der staatlichen Aufsicht sowie die Strafen, die bei Missachtung fällig werden.
NIS-2 als Wettbewerbsvorteil – Vorsprung durch Compliance
Supply Chain Management und Compliance im Rahmen von NIS-2 sind zentrale Punkte in der Richtlinie. Das kann als Wettbewerbsvorteil genutzt werden: Unternehmen, die NIS-2 solide implementiert haben, sind eine attraktive Alternative am Markt. Ein potenzieller Kunde, der selbst zur Einhaltung der NIS-2 verpflichtet ist, muss sich schließlich für den Wettbewerber entscheiden, der den hohen Anforderungen der Richtlinie gerecht wird.
Business Continuity Management im Rahmen von NIS-2
Der Schutz von Kernprozessen und die Sicherung von Betriebsabläufen stellen sich regelmäßig als die wichtigsten Produkte heraus, die man als Dienstleister anbieten kann. Denn im Rahmen von NIS-2 müssen Unternehmen eine Richtlinie zur Behandlung von Sicherheitsvorfällen implementieren, die sicherstellt, dass alle Bedrohungen schnell erkannt und gemeldet werden. Diese Maßnahmen umfassen auch die Schulung von Mitarbeitenden, die Einführung technischer Schutzmechanismen und die ständige Überprüfung der IT-Systeme. Doch auch präventive Maßnahmen, die die Wahrscheinlichkeit senken, dass ein kritischer Prozess ausfällt, gehören zu den Anforderungen der NIS-2.
Business Continuity Management ist mit der NIS-2-Richtlinie also nicht mehr nur eine gute Idee, die das Unternehmen krisenfest aufstellt, sondern eine rechtliche Anforderung. Verschiedene Dienstleister haben sich darauf spezialisiert, die geschäftskritischen Prozesse zu analysieren und unterstützen bei der Erstellung von Notfallkonzepten und Sicherheitsrichtlinien.
NIS-2 und die zukünftige Cybersicherheit in der EU
Die EU NIS-Richtlinie stellt in ihrer überarbeiteten Form, NIS-2, einen wichtigen Schritt dar, um Europas kritische Infrastrukturen vor Cyberangriffen zu schützen. Unternehmen müssen sich auf neue Anforderungen einstellen und ihre internen Sicherheitsprozesse überprüfen, um die erforderliche NIS-2-Compliance zu erreichen. Für IT-Abteilungen bedeutet dies, dass Sicherheitsvorfälle effektiver behandelt werden und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden intensiviert wird. Bei der Umsetzung helfen IT-Dienstleister, beispielsweise mit der Erstellung eines Notfallkonzepts.
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