Altes TMS – neue Kundenwünsche?

Stefan Seufert, CTO/Vorstand EIKONA AG
LKWs stehen auf dem Hof einer Spedition und warten auf Be- und Entladung

In vielen Speditionen ist das Transportmanagementsystem (TMS) Dreh- und Angelpunkt des Geschäfts. Es steuert die Transporte und ist dadurch mit nahezu jedem operativen Prozess verbunden. Je länger es im Einsatz ist, desto größer wird dabei das Spannungspotenzial.


Die Schlüsselfrage lautet: Kann die bewährte Software neue Kundenanforderungen noch angemessen unterstützen? Denn der Logistikmarkt verändert sich immer stärker. Die Margen sind seit langem gering, Zusatzleistungen werden immer häufiger gefragt. Deshalb sollte ein TMS folgendes leisten:

  • flexibel neue Prozesse aufnehmen
  • Routineaufgaben automatisch erfüllen
  • moderne Schnittstellentypen wie REST-APIs und Webservices unterstützen

Sind diese Faktoren nicht mehr gegeben, kommt die Software schnell an ihre Leistungsgrenzen. Dann steht ein Unternehmen vor der Wahl, immer mehr Aufgaben manuell zu erledigen (was die Marge schmälert) oder ihre IT zu modernisieren.


Risikoabwägung

Operation am offenen Herzen?

Als Herzstück der Spedition bestimmt das TMS den Puls des Unternehmens. Deshalb fürchten viele Logistiker zurecht den Softwareaustausch. Denn ein Übergang kann zwar vorbereitet werden, muss aber hart erfolgen: Ein paralleles Arbeiten in der alten und der neuen Welt ist unwirtschaftlich. Deshalb werden TMS nahezu ausschließlich an einem festgelegten Stichtag gewechselt – Management und Mitarbeiter erleben das entweder als Aufbruch in die Zukunft oder Operation am offenen Herzen. Manchmal auch als beides. Im Risikomanagement geht es dabei um eine sorgfältige Abwägung der Folgen, die sich aus der Weiternutzung des bestehenden Systems oder dem Umstieg auf eine neue Lösung ergeben. Welche Potenziale sollen erschlossen werden? Und welcher Weg ist dafür der geeignetste?


Plattformstrategie

Alte Systeme schrittweise modernisieren

Ein bewährtes TMS muss nicht automatisch am Ende seiner Lebensdauer angekommen sein, nur weil es schon seit vielen Jahren eingesetzt wird. Eine Reihe von Softwareherstellern hat ihre hochentwickelten Lösungen für neue Schnittstellen geöffnet. Über diese Verbindungen können die Systeme viele moderne Technologien wie Event-Sourcing-Plattformen, Microservices und Function-as-a-Service (FaaS) nutzen. Sie bieten den Spielraum für eine sukzessive Modernisierung einzelner Prozesse. Für diese sollten sie jeweils Best-of-Breed-Lösungen in den einzelne Anwendungsbereichen verwenden. Wer bereits mit einem solchen TMS arbeitet, sollte gründlich prüfen, ob er die Risiken eines Systemwechsels eingeht. Denn einfach nur neu muss in dieser Konstellation nicht unbedingt besser sein. Deckt ein anderes TMS solche Anwendungsbereiche bereits im Standard mit ab, bestehen oftmals Einschränkungen bei den tiefergehenden Funktionalitäten. Oder selbst das neue TMS greift dafür auf die Zusatzservices zurück.


Kopfmonopole

Wenn nur die Totaloperation hilft…

Ein klarer Fall für den Systemwechsel sind häufig Unternehmen, deren TMS von einem schon im Ruhestand befindlichen IT-Leiter eingeführt wurde. Denn dieser kannte fast immer die Anwendung bis in ihre Details, hat viele Prozesse selbst konfiguriert und ein klares Gesamtbild der IT-Landschaft in seinem Kopf gespeichert. Wer in dieser Situation Veränderungen vornehmen will, muss erst einmal die hinterlegte Prozessstruktur verstehen. Ohne umfassende schriftliche Dokumentation bleibt das vielfach ein aussichtsloses Unterfangen. Dann liegt in der Kontinuität das weit höhere Betriebsrisiko. Denn wer kann schon genau vorhersagen, wie lange er noch mit unverändertem Geschäftsmodell und Serviceangebot erfolgreich bleibt?

Bedarf ermitteln

Prozesse analysieren und Anforderungen definieren

Speditionen, die eine Entscheidung über einen Systemwechsel treffen müssen, haben deshalb klar umrissene Hausaufgaben. Sie sollten betrachten, welche Prozesse sie automatisieren müssen, um ihre Margen nicht durch manuellen Aufwand gänzlich zu verlieren. Sie müssen klären, ob sie in der Lage sind, neue Prozesse zu implementieren, und mit welchem Aufwand das verbunden ist. Und die alles entscheidende Frage an sie lautet, ob sich ihr TMS technologisch noch ergänzen lässt. Wenn dabei ein positives Bild entsteht, hängt die Entscheidung über einen Systemwechsel oder die sukzessive Modernisierung häufig von Detailfragen ab.

Können Sie mit Ihrem IT-System zusätzliche Potentiale erschließen und neue Kundenwünsche erfüllen?


Stefan Seufert
Stefan Seufert
CTO / Vorstand

Wie kein Zweiter fuchst sich der Software-Entwickler als Meister des Konzepts in die Anforderungen von Logistikdienstleistern. Informationen sicher und effizient auszutauschen und damit auch den physischen Logistik-Prozess zu beschleunigen, ist seine Leidenschaft.


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